Sich wie ein Zahlenbiest die Zahl Pi bis auf 100 Ziffern einprägen…? Dass dieses keine Spezialleistung evolutionär überlegener Ãœber-Gehirne ist, wollen wir mit den nächsten Artikeln beweisen. Jeder kann das und dies gar in wenigen Stunden. Wir schauen uns die dazugehörige Technik an, nicht aber ohne diese auch kritisch zu gewichten. Darüber hinaus haben die Bauarbeiten zu meinem Palast der Erinnerung vielleicht gar eines Landes der Erinnerung begonnen. Auch das werden wir als Thema anschneiden. (Titelbildnachweis: Eine Landkarte des Wissens erstellen: Abraham Ortelius [Public domain], via Wikimedia Commons).
Warum das Ganze? In unserer elitären Gesellschaft habe ich beschlossen (und die USA sind nochmal eine Schippe elitärer) Pi auf 100 Stellen auswendig zu lernen. Das nützt mir zwar wenig für ein besseres Leben, doch aber nützt es mir, wenn ich einige Ahnungslose von meinem geistreichen Esprit (wobei der Pleonasmus genauso geistlos wie die Sache selbst ist) überzeugen kann. Auf einer Champagnerparty in Pittsburgh kommt das unter Gelehrten, die gerne den Sinn von Latein verkünden, gut an, wenn einer mal eben stolz wie Bolle auf der Zahl Pi durch den Raum reitet (Studien zeigen ja, dass uns gerade die unverdienten, aber bewunderten Erfolge besonderes Glück bescheren). In Zukunft nennt mich die Welt dann nur noch „Palast des Wissens“.Es geht also in erster Linie um das sogenannte Loci-System, das Aristoteles noch in ähnlicher Form als „Palast des Wissens“ preiste. Wie also hiermit eine 100-stellige Zahl lernen? Der Trick besteht aus einer Kombination des Master und Loci-Systems. Wobei wir heute zunächst das Loci-System unter die Lupe nehmen, welches uns auch in anderen Bereichen vielfach nutzen kann. Die Frage ist daher auch, ob die Technik mehr als für elitäre Spielchen taugt. Auch aus diesem Grund schauen wir uns an, warum die Technik eigentlich noch so gut wie ungenutzt verstaubt.
Warum sind derlei Lernmethoden noch so unbekannt?
Seit meinem 16. Lebensjahr (oder früher) lese ich Bücher zum Thema „Lernen“. Der Klugscheißer in mir interessierte sich vor allem für die eigene späte Geburt: Wie dasjenige lernen, was ohnehin schon an mir verloren gegangen war? Wir leben ja noch gerne mit dem Mythos: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr… Mit wenig wissenschaftstheoretischen Rüstzeug habe ich damals dann bei Bachscher Klassik hypnotische Formeln gereimt, die psychischen Weltbibliothek des Wissens in mir aufgesucht und mittels Scanreading Bücher überflogen (manchmal habe ich hierfür auch den legendären Schwingfinger genutzt). Die Genieversprechen sind vielfältig und allerlei esoterische Literatur macht sich auf dem Markt breit, ergo der Erfolg war gering.
Unter all dem Wust gab es allerdings auch seriöse Literatur, die dann aber meist so trocken wie Wüstenstaub durch meine vom Scanreading überdrehten Gehirnwindungen wehte. Die anderen Techniken versprachen schlicht mehr (hielten aber davon so gut wie nichts). Vielleicht lehnen deshalb viele diese Techniken ab und bleiben bei ihrer Entdeckung der Langsamkeit?
Dennoch nach Jahren intensiver Recherche kommt es mir oftmals vor, als müsste die Welt über diverse Lerntricks bereits gut informiert sein und als müsste die Welt wissen, was funktioniert und was nicht. Immer wieder aber entdecke ich Ahnungslose, die einen heiligen Respekt wallen lassen, wenn einer mal eben ein paar größere Quadratzahlen ausrechnet, eine Melodie am Klavier daherstümpert oder sich 10 (!) Begriffe fehlerfrei einprägt, umgekehrt aber vor allem dem vertrauen, was einst Lehrer falsch in sie hineingeprügelt haben. Es heißt dann, dass vor allem Talente unser Lernen bestimmen und außer Pauken helfe nicht viel. Bei meinen Tutorien zum wissenschaftlichen Arbeiten in der Universität Köln musste ich dann zum Beispiel vor allem erfahren, dass Lerntechniken, die durch Studien gut belegt waren, Studenten in der Regel nicht überzeugten. Vor allem das Wort „Studie“ löst heute esoterische Abneigungen aus, was wohl der einzige nennenswerte Effekt von homoöpathischer Medizin wäre. Weil Studien Homöopathie wiederlegen, trauen selbst durchschnittliche Studenten keiner Studie, die sie „nicht selbst gefälscht haben“. Der Kritiker transformiert sich in der Universität zum übeldreinschauenden Dogmatiker, der nichts glaubt, aber nebenbei Meditonsin schluckt. Seitdem die Wissenschaft scharf und gerne unsere Alltagsvermutungen widerlegt, zieht es uns doch eher wieder in unsere Egohütte zurück. Ein PALAST des Wissens ist hier nur ein elitärer Prunkbau, der in eine elitäre Zeit gehört.Statt also die eigene Psyche herauszufordern, beherrschen dann schulisch tiefeingegepaukte Lernfehler die Meinungen (wie sollte es auch anders sein, wenn nur die an die Universität kommen, die die Folter der Schule überstehen und gehirngewaschen so eintrudeln?).  Mir kam es zum Beispiel manchmal so vor, als hätte die Schule Stenographen ausgebildet, anstatt das Denken zu fördern. Die Romanmitschreiber stoppten wenigstens dann ihre Romane, wenn ich ihr Mitschreiben in Frage stellte. „Aber bei mir funktioniert es!“ hieß die allgemeine Antwort. Ich bin mir sicher einige haben auch das mitgeschrieben. Die anderen übrigens, die jedwede Aktivität der Schule in Frage stellten, schrieben mal schlichtweg nichts mit.
Ein weiterer schwerwiegender Fehler der Schule besteht darin, Lerntypen zu unterscheiden. Lerntypen das hört sich für Lehrer (zumindest die, die mit Reflexion wenig am Hut haben) so einleuchtend an, dass die Theorie schlicht wahr sein muss und so sind von diesem Tag an, alle Schüler, die irgendwie das Einmaleins verpasst haben, Typen, die etwas visuell und praktisch erfahren müssen. Sie sind halt keine Kopfmenschen, sondern denken in Bildern. Womöglich haben sie als Kleinkinder zu viele Bilderbücher geschaut? Mit der Idee der Lerntypen, kommt dann die Idee auf, dass wir alle grundverschieden sind. Zumindest ICH ist grundverschieden. ICH lernt anders, weswegen der Satz „Bei mir funktioniert es aber“ zum ewiggleichen Grundrepertoire des Grundverschiedenen gehört.Gerade die Loci-Methode zeigt aber, dass wir alle doch sehr ähnlich lernen – nämlich, durch Assoziation, Kreativität und Verstehen. In der übersteigerten Selbstliebe zur eigenen Differenz aber hören die Durchschnittsunterschiedenen Ergebnisse nicht und glauben prinzipiell, dass sie noch nie Mathe, Sprachen, Musik konnten, kein Gedächtnis haben und ohnehin Gefühlsmenschen sind, die Dinge nicht glauben, wenn sie sie nicht mit eigenen Augen gesehen haben. Innovative Methoden, die in der Regel daraus bestehen, bestehendes zu verändern, werden daher zwingend logisch immer unbekannt sein.
Das Loci-SystemEs kann wohl daher nicht verkehrt sein, hier die tausenste Seite mit der Loci-Methode ins Internet zu stellen. Auch ich bin gerade dabei diese anzuwenden und will diese gerade für die äußerst schweren „Comprehensive Exams“ meines Doktorstudiums in Philosophie verwenden. Bevor wir nun dazu kommen, Pi auf 100 Stellen auswendig zu lernen, müssen wir hierzu erst besagtes Locisystem verstehen. Dieses System selbst ist sehr vielfältig und es sind viele Anwendungsgebiete denkbar, wobei ich diese erst noch ausprobieren muss (gerade der aristotelische Palast des Wissens muss noch in mir gebaut werden – nach Wikipedia unterscheidet dieser sich und legt es vor allem auf eine phantastische Route an – [es wäre vorstellbar, dass der ein oder andere Trekki-Fan ein Universum des Wissens anlegt).
Das Locisystem selbst, so wird es auf allen Kanälen beschworen, haben schon die alten Griechen beherrscht. Ihre Reden waren nach einer inneren Route strukturiert. Dies hört sich zumeist zu simpel an, ich muss allerdings gestehen, dass ich mit einer ähnlichen Technik meine Magisterklausuren mit 1,0 Bestand. Wie? Ich reduzierte alle Inhalte auf bedeutungsschwere Stichworte und legte sie mit kreativ bildlichen Verknüpfungen innerlich auf einer geistigen Route ab. Auf diese Art war es kein Problem, schnell die gesamte logische Struktur eines Textes aus mir abzurufen und sofort nach einer inneren geistigen Route zu replizieren. Die Struktur des Essays war daher unproblematisch und enthielt zumeist alle wichtigen Gelenkstellen.
Aber die geistigen Routen, die ich bishierher benutzte, blieben nicht stabil, sondern ich machte den Fehler, dass ich nur dann, wenn ich sie brauchte, eine geistige Route imaginierte. Diese Routen waren dementsprechend anfällig. Ich machte Fehler und vergaß die Routen selbst, weil ich sie niemals wirklich schematisch ausarbeitete. Aus diesem Grund bin ich kurz vor meinem Umzug nach Amerika nochmal eine Route in Köln abgegangen und habe mir gerade die Domstadt als bleibende Memorykulisse gebaut und ich möchte diese für die Zahl Pi benutzen. Die Route lautet wie folgt:
1. Haustür 2. Fahrstuhl 3. Fahrradkeller 4. Briefkästen 5. Geldautomat 6. Kiosk 7. Ampel 8. Park 9. Jesusstatue 10. Hügel 11. Fitnessstudio 12.Lanxess Arena 13. Wurstbude 14. Ticketschalter 15. Parkhaus 16. Treppe 17. Straßenbahnhaltestelle 18. Fahrstuhl 19. Rolltreppe 20. Schließfächer 21. Telefon 22. Kiosk 23. Bahn-Ticketautomat 24. Anzeigetafle/Uhr 25. Raucherbereich 26. Wartezelle 27. Packetband 28. Bahnhofstoilette 29. DB-Center 30. Subways 31. Kuppel 32. McDonalds 33. Bahnhofgebäude 34. Wasserdenkmal 35. DSDS 36. Feuercafé 37. Bahnbrücke 38. Schlösser an der Dombrücke 39. Kölner Dom 40. Rhein+Schiffe 41. Turm 42. Pferd 43. Biergarten 44. Hiatt 45. Autodenkmal 46. Deutzer Freiheit 47. Gitarrenspieler 48. Post 49. Kirche 50. REWE 51. DM 52. Biomarkt 53. Ampel 54. Sparkasse 55. Rolandversicherung 56. Berufsschule
Mir erscheint, als biete es sich an, in dieser Art und Weise Routen einzuprägen, nicht nur, weil es einen Effekt für unsere Lernleistungen besitzt, sondern weil wir uns unsere Umgebung einprägen und auf Jahre emotional speichern. Demnach gibt es so viele Routen, die wir gegangen sind und gerade diese Routen können wir nutzen, anstatt sie in der Erinnerung wie Postkarten aus Paris verblassen zu lassen. Ich habe daher nun geplant, jede Wohnung, die ich bewohnt habe und jede Route, die ich häufig gegangen bin, selbst zu verrouten und als innere Erinnerungshalle zu benutzen (Eine Hall of Fame natürlich).
Nutzung der Loci-Methode (mögliche Anwendungen)
Die Loci-Methode bedarf der Kreativität. Zum Einen können wir komplexere Texte in aussagekräftige Stichworte umwandeln und so wesentliche Inhalte einprägen. Es ist aber auch vorstellbar Gedichte derart zu lernen. Es wäre vorstellbar ein Gedicht über 50 Strophen derart einzuprägen, dass wir mit jedem Routenpunkt ein aussagekräftiges Wort der Gedichtzeile verknüpfen. Ich plane demnächst damit Liedtexte zu verbinden, da meine Freunde in Pittsburgh eine Welcome-Back-Party veranstalten möchten und ich dabei wieder als Barpianist agieren soll.
Für den Zahlenerwerb bedarf es darüber hinaus noch einer Verschlüsselungsmethode, die aus jeder Zahl von Eins bis Hundert ein Bild generiert, das wir dann auf den Routenpunkten ablegen, aber damit beschäftigen wir uns in einem der nächsten Artikel unter dem Stichwort Major-System (bzw. Mastersystem).
Einwände gegen die Loci-Route
So weit so gut, aber was nützt das Loci-System für das richtige Leben? Mir erscheint es so, dass die Routen eher eine Gedächtniskrücke sind als dass diese das Gedächtnis wirklich erweitern. Der Arbeitsspeicher vergrößern die Routen meines Erachtens nicht, da ja nur mit Kreativität das assoziative, episodische Gedächtnis genutzt wird (im Gegensatz dazu kann ich eher Lumosity als Intelligenzsteigerer empfehlen, aber dazu bald ein Artikel). In diesem Sinne setzen wir bei der Loci-Methode also nicht auf ein besonderes Gedächtnis. Darüber hinaus erscheint es mir auch, dass die Loci-Systeme, die Lerninhalte nicht direkt im Gedächtnis haften lassen. In diesem Sinne wären derlei Informationen der Loci-Methode auch nicht unbedingt unmittelbare Quelle von Erkenntnis, sondern immer nur vermittelt zugänglich. Heißt dies, dass uns das Wissen gerade in der praktischen Anwendung wenig nützt?
Darüberhinaus erscheint mir zu Zeiten vom Nachschlagebruder Google die Lociroute an Relevanz verloren zu haben und nur noch für künstliche Lernsituationen zu taugen. Zudem müssen wir die Route regelmäßig warten, was allerdings mit dem grandiousen Programm „Pauker“ zu bewerkstelligen sein sollte.
Zur Anwendung muss auch hinzugefügt werden, dass eine Mehrfachbelegung der Routen nicht gleichzeitig funktioniert, daher verschwende ich eine Route um die Zahl Pi zu beherrschen und muss wieder neue Routen erstellen (was auch ein Zeitfaktor ist). Letztlich aber erscheint mir das Zeitplus am Ende gerade für irrelevante Informationen, so wie sie die Schule und Universität uns aufzwingt, zu taugen.
Welche Vorteile aber bringen die Routensysteme?
Natürlich können wir mit dem Loci-System Inhalte aus der Schule oder dem Studium flexibel erwerben (hierin zeigt sich schon wie irrelevant es daher ist, Lerninhalte zu erwerben, die mit dem Wechsel der Routenbelegung wieder aus unserem Gedächtnis entschwinden oder vergessen werden dürfen). Gleich aber in welcher Weise wir die Routen nutzen: Wenn wir die Routen nutzen, so nutzen wir vor allem unsere Kreativität. Diese Kreativität wird uns in vielen Bereichen nutzen, weswegen das Lernen mit den Locirouten Effekte besitzt, die über die Methode selbst hinaus gehen. Auch wenn wir damit nicht unser Erinnerungsvermögen selbst erweitern, so erweitern wir doch die kreative Auseinandersetzung mit Lerninhalten. Studien gibt es hierzu noch keine, aber das innere Imaginationsvermögen zu nutzen, erscheint mir niemals als unproduktiv, daher empfehle ich die Methode.
Weiterführende Informationen.Â
Um der Zahl Pi gerecht zu werden, muss ich natürlich meinen Artikel zum zweiten Band der Reihe Pi anpreisen. Dort findet ihr eine Kritik einer der größten Geschichten aller Zeiten.
Im nächsten Beitrag werde ich erklären, wie sich vermittels der Kombination von Routen- und Mastersystem ganze Zahlenkolognen einprägen lassen, zunächst muss ich mir hierfür allerdings selbst ein Mastersystem zulegen. Mit diesem Mastersystem können dann auch Geschichtsdaten eingeprägt werden. Diese Techniken der Gedächtnisweltmeister werden jedoch natürlich auch auf vielen anderen Website verraten:
- http://www.memoryxl.de
- Einen kürzeren Überblick über schnell erlernbare Techniken findet ihr hier: Schneller lernen
- Weitere kreative Anwendungen des Routensystems erklärt hier ein Gedächtnisweltmeister: Das Routensystem erklärt
- Das Mastersystem, womit ihr dann die Zahl Pi erlernt, findet ihr hier:Â Das Mastersystem
- Zudem findet ihr, wie ihr euch historische Daten mittels des Mastersystems einprägt: historische Daten schneller lernen
- Auch der Blog der Vizejuniorenweltmeisterin Christiane Stenger gibt einiges an nützlichen Informationen und bietet vor allem qualitative Videos, in denen Christiane Stenger die Grundlagen erklärt: http://www.merkenlernen.de/blog
Wenn ihr also auf dem laufenden bleiben wollt, dann added mich doch bitte bei Google+, abonniert mich per E-mail oder tretet der Facebookgruppe oben rechts bei. Über weiterführende Links oder Kommentare freue ich mich natürlich sehr. Norman Schultz.
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